Überstunden
Was ist der Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden?
Juristisch gesehen bezeichnet man Überstunden als die Arbeitszeit, um die ein Arbeitnehmer die individuell arbeitsvertraglich geregelte Arbeitszeit überschreitet. Mehrarbeit wird juristisch als Überziehung der Arbeitszeit in den festgeschriebenen Grenzen im Tarifvertrag oder dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG §3) bezeichnet.
Im TVÖD und AVR ist die Definition von Mehrarbeit und Überstunden jedoch eine andere!
TVÖD §7, Abschnitt 7: Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden.
TVÖD §7, Abschnitt 6: Mehrarbeit sind die Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten leisten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 1.1 Satz 1).
Das bedeutet: Eine Teilzeitbeschäftigte leistet nach dem TVÖD/AVR erst dann Überstunden, wenn sie über die Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigten hinaus Stunden ableistet. Dieser Unterschied ist entscheidend für die Vergütung von Überstunden/Mehrarbeit!
Wie viele Überstunden/Mehrarbeit darf ich leisten?
Wie sind die Ruhezeiten geregelt?
Die Höchstgrenze für Überstunden richtet sich nach dem Arbeitszeitgesetz § 3 Satz 2 ArbZG. Dies bestimmt, dass die tägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmerinnen maximal zehn Stunden betragen darf.
Dürfen Überstunden einfach angeordnet werden?
Auch hier muss man unterscheiden zwischen den gesetzlichen Vorschriften und Tarif- oder Betriebsvereinbarungen.
Keine Arbeitnehmerin ist gesetzlich dazu verpflichtet, Überstunden abzuleisten (dies geht auch nicht aus dem in § 106 GewO verankerten Weisungsrecht des Arbeitgebers hervor). Arbeitgeber dürfen nur in dringenden betrieblichen Notfällen oder bei vertraglicher Vereinbarung Überstunden anordnen.
Notfälle sind solche, die vom Arbeitgeber im regelmäßigen Betriebsablauf weder vorhersehbar noch planbar sind.
Vertragliche Vereinbarungen finden sich in Überstundenregelung im TVÖD/ AVR, im Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarungen.
Bestehen vertragliche Überstundenregelungen, darf sich die Mitarbeiterin der Anordnung des Arbeitgebers nicht widersetzen. Ansonsten ist der Arbeitgeber zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie einer Abmahnung berechtigt.
Die Anordnung von Überstunden darf die zulässige Arbeitszeit gemäß §3 ArbZG, von der nur in ganz außergewöhnlichen Fällen abgewichen werden darf, nicht überschreiten.
Überstunden dürfen nicht angeordnet werden, wenn …
… Sie in einer Teilzeitstelle beschäftigt sind und keine abweichenden Vereinbarungen im Tarifvertrag getroffen wurden.
… Sie werdende oder stillende Mutter sind.
… Sie noch nicht volljährig sind. Eventuelle freiwillig geleistete Überstunden müssen dann innerhalb von drei Wochen ausgeglichen werden.
… Sie als schwerbehinderter Angestellter eine Freistellung von Überstunden gemäß SGB IX verlangt haben.
Wie und wann müssen Überstunden ausgeglichen werden?
Viele große Unternehmen mit digitalem Zeiterfassungssystem legen Arbeitszeitkonten an, über die Überstunden aufgeschrieben und ausgeglichen werden können. Auch hier gilt zu differenzieren, welche konkreten Regelungen im Arbeitsverhältnis vorhanden sind oder nicht.
Gesetzlich: Gesetzlich festgeschrieben ist, dass die tägliche Arbeitszeit von acht auf zehn Stunden ausgedehnt werden darf, für bis zu sechs Werktage die Woche. Diese Überstunden müssen dann allerdings innerhalb eines halben Jahres auf durchschnittliche acht Stunden pro Werktag ausgeglichen werden. Prinzipiell beträgt die Frist für einen Überstundenausgleich also ein halbes Jahr.
AVR: §3 Abgeltung von Überstunden (1) 1Die vom Mitarbeiter geleisteten Überstunden sind grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung bis zum Ende des nächsten Kalendermonats auszugleichen; im begründeten Einzelfall kann die Frist für den Ausgleich im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter verlängert werden. Quelle: http://www.schiering.org/
TVÖD: §8 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit (1) 1Der/Die Beschäftigte erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. ²Die Zeitzuschläge betragen – auch bei Teilzeitbeschäftigten – je Stunde a) für Überstunden (…) 4Auf Wunsch der/des Beschäftigten können, soweit ein Arbeitszeitkonto (§ 10) eingerichtet ist und die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse es zulassen, die nach Satz 2 zu zahlenden Zeitzuschläge entsprechend dem jeweiligen Vomhundertsatz einer Stunde in Zeit umgewandelt und ausgeglichen werden. 5Dies gilt entsprechend für Überstunden als solche. Protokollerklärung zu Absatz 1 Satz 1: Bei Überstunden richtet sich das Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung nach der jeweiligen Entgeltgruppe und der individuellen Stufe, höchstens jedoch nach der Stufe 4. Protokollerklärung zu Absatz 1 Satz 2 Buchst. d: 1Der Freizeitausgleich muss im Dienstplan besonders ausgewiesen und bezeichnet werden. 2Falls kein Freizeitausgleich gewährt wird, werden als Entgelt einschließlich des Zeitzuschlags und des auf den Feiertag entfallenden Tabellenentgelts höchstens 235 v.H. gezahlt. (…)
Quelle: Durchgeschriebene Fassung des TVÖD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVÖD-K) vom 1. August 2006 in der Fassung der Änderungsvereinbarung Nr. 9 vom 24. November 2016
Wie werden Überstunden vergütet?
Generell gilt laut § 612 (BGB): „Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“
Die Mitarbeiterin kann demnach eine zusätzliche Vergütung für Überstunden fordern, wenn der Grund für die Erwartung des Arbeitnehmers gegeben ist, z.B. wenn eine Regelarbeitszeit vereinbart ist und die Mitarbeiterin davon ausgehen kann, grundsätzlich nicht länger – und falls doch, dann nur gegen zusätzliche Vergütung – arbeiten zu müssen.
Die Vergütungsregelungen finden sich in den Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.
Mehrarbeit (s. Mehrarbeit) ist nach TVÖD und AVR keine Überstunde und wird daher nicht wie solche vergütet, sondern es wird lediglich der Freizeitausgleich oder das übliche Entgelt für Arbeitsstunden gewährt, jedoch keine Sondervergütung.
AVR: § 4 Berechnung der Überstunden und pauschale Überstundenvergütung; § 6a Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
- (1)1Bei der Berechnung der Überstunden sind für jeden im Berechnungszeitraum liegenden Urlaubstag, Krankheitstag sowie für jeden sonstigen Tag einschließlich eines Wochenfeiertages, an dem der Mitarbeiter von der Arbeit freigestellt war, die Stunden mitzuzählen, die der Mitarbeiter ohne diese Ausfallsgründe innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich geleistet hätte.2Vor- und nachgeleistete Arbeitsstunden bleiben unberücksichtigt.
- (2) 1Mit Mitarbeitern, die regelmäßig Überstunden zu leisten haben, kann an Stelle der nach § 1 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Anlage 6a zu den AVR zu zahlenden Überstundenvergütung eine pauschale Überstundenvergütung vereinbart werden, sofern diese nicht durch Arbeitsbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 ausgeglichen werden können. 2Die Höhe der pauschalen Überstundenvergütung soll grundsätzlich der Einzelberechnung der durchschnittlich im Kalendermonat für den Mitarbeiter anfallenden Überstunden entsprechen.
- (1)1Der Mitarbeiter erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. 2Die Zeitzuschläge betragen – auch bei Teilzeitbeschäftigten – je Stunde (a) für Überstunden in den Entgeltgruppen 1 bis 9b 30 v.H.; in den Entgeltgruppen 9c bis 15 15 v.H.
Quelle: http://www.schiering.org/
Achtung ! :
Arbeitsvertragsklauseln, wonach mit dem normalen Gehalt „alle erforderlichen Überstunden“ mit abgegolten sind, sind unwirksam. (BAG, Urteil v.01.09.2010-5AZR517/09)
TVÖD: § 8 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
(1) 1Der/Die Beschäftigte erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. ²Die Zeitzuschläge betragen – auch bei Teilzeitbeschäftigten – je Stunde a) für geleistete Überstunden 1. In den Entgeltgruppen 1 bis 9 30 v. H.; in den Entgeltgruppen 10 bis 15 15 v. H.
Quelle: Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) vom 1. August 2006 in der Fassung der Änderungsvereinbarung Nr. 9 vom 24. November 2016